eine sprachliche Diskussion !
Ist das Frühjahr, der Sommer und der Herbst für alle Leipertitzer Kinder die schönste Zeit sich im Dorf und am Ortsrand zu treffen, zu toben und seine Abenteuer in vielfältigster Art auszukosten, so ist der Winter in Südmähren schon ein Problem. Die trockene Kälte des panonischen Festlandsklimas hält das Land oft mit strengem Frost gefangen. Draußen zu sein ist ungemütlich. In den Gehöften finden die Hausschlachtungen statt, beim geselligen Federnschleissen in der warmen Stube werden die neuesten Dorfnachrichten ausgetauscht, der Ort hat auch zu dieser Jahreszeit seinen Rhythmus. Landwirtschaftliche Gebrauchsgegenstände werden repariert und ausgebessert, man hat Zeit zum Tarocken und für die Weinkellerproben.
Ziel der Jugend ist zu dieser Zeit der Ortsteich. Gibt es im Millegründl auch Eisflächen die bald zum Schleifeisenfahren einladen, es ist aber der große Teich in der Wehr der allgemeine Treffpunkt für die frühen, etwas wärmeren, Nachmittagsstunden nach der Schule.
Der erste Schnee ist gefallen, am „Teichtbere“ werden Schlitten zusammen- gehängt oder Einzelfahrer rasen hinunter Richtung Zapfen.
Es hat jetzt täglich Minusgrade, der Teich bildet seine erste Eisschicht, bald ist man bereit für die ersten Mutproben. Das Wippen auf dünner Eisfläche wird zum herrlichen Vergnügen. Mehrere Jugendliche stehen in einer Reihe, bilden eine Kette auf dem Eis und bewegen sich im Takt, geben dabei Druck auf das noch junge Eis. Wellenartig werden die Bewegungen auf das Eis übertragen, es hebt und senkt sich und gibt die Schwingungen bis weit in den See hinein weiter. Ein riskantes Abenteuer, oft genug gibt die dünne Decke nach und die ganze Gruppe steht bis zu den Knien oder sogar bis zum Bauch im Wasser. Eine gefährliche Situation für die Gesundheit. Es wird Ärger zu Hause geben, natürlich wird Mutter besorgt sein, wie schafft man Abhilfe? Jetzt zahlt sich die große Verwandtschaft im Dorf aus. Bei Onkel und Tanten, Paten und Groß-müttern werden am Ofen die Kleider getrocknet, man wärmt sich auf und kommt mit trockenen Sachen nach Hause. Falls man doch mit nasser Kleidung heim kommt, steckt die verständnisvolle Mutter die Kinder unter die wärmende „Duchert“, eingedenk ihrer eigenen Jugend.
Wurde durch die dauerhafte Kälte das Eis zu dick, musste das Wippen auf dem Eis eingestellt werden. Denn zum einen ergab sich ob der Eisdicke keine Schwingungen mehr und zum anderen traten die Eiser in Aktion. Blockweise wurden Eisplatten aus dem Teich mit grobenzähnigen Sägen herausgeschnitten. Ein Zubrot das man sich im Winter verdiente. Im Ort wurden die Eiskeller der Gasthäuser gefüllt, der Fleischhacker Wendl nahm seinen Teil ab und die Milchgenossenschaft schaffte Vorrat für den Sommer an. In andere Dörfer oder auch in der Stadt mit seinen Brauereien gingen etliche Fuhren mit Eis.
Und: Die Jugend wartete ein paar Tage bis „ Boineisn und Kuiwampn“ wieder machbar war.
Warum dieses Spektakel auf dem Eis in der „Wehr“ Boineisn im „Millegründl“ aber Kuiwampen hieß, gilt es noch zu ergründen. War unser Dorf schon so groß, das es sich sprachlich auseinander dividierte?
(Text nach Erzählungen von Richard Donauer, Vertreter der Boineisntheorie und Mathias Ivenz, ein Kuiwampn Bekenner)